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Nachtschrift |
Lichtspiel |
Die Weltenformel
AM STEG
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Blinzeln, bis ich kurz vorm Augenschließen eine kleine Bewegung erhasche? Die könnte von einem noch kleineren Wesen kommen, das mit trippelnden Schritten zu dem Mädchen hinüber huscht, das Papier betrachtet, dem Kind auf die Schulter klettert. Vielleicht flüstert es ihm etwas ins Ohr. Das Mädchen jedenfalls verhält einen Moment, muss lächeln, als ob sie gekitzelt werde, wischt sich über die Schulter. Dann schreibt sie weiter, scheint beinahe dem kleinen Wesen über den Kopf zu streichen. Aber ich kann mich auch täuschen. Es ist nur ein Ziehen am Ärmel des Kleides, ein Lichtspiel überm Steg, das mich narrt. Die Buchstaben wachsen auf dem Papier. Zwischen den Blättern, den Zweigen und Ästen beobachten viele verborgene Augen, was geschieht. Ob sich die Buchstaben lösen können vom Untergrund, aufsteigen und eine Runde drehen um den See. Ob sie einfach ins Wasser fallen, tropfnass zurückkehren und den ganzen Satz verschmieren. Ob sie probieren, selbst zum Blatt zu werden, zum Baum, zum Stein. Zum Säuseln des Windes im Gezweig. Es ist so still, dass ich die Wellen am Ufer hören kann. Die Beine des Mädchens wippen hin und her. Und ihr Bleistift gibt den Rhythmus dieser Stunde vor. |
"Am schönsten, stillsten
fügt sich das wacklige Idyll im kleinsten Text der Sammlung, der zarten
Miniatur „Am Steg“, die so etwas wie eine zweite Titelgeschichte hätte
sein können. Hier ist der Traum von der großen Selbstvergessenheit,
denke ich, ausgeführt, um den sich die Träume und Sehnsüchte der anderen
Storys herumtasten und -schlängeln, eine Art, sich, und wenn es nur für
den sprichwörtlichen Moment ist, Erfüllung zuzusprechen..."
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Zur Premiere des Buches "Die Weltenformel" von Holger Uske am 19. März 2016 am Lesestand Buchkunst und Grafik der Leipziger Buchmesse: aufmerksame Zuhörer. Foto: D. Schmidt | Zurück zum Buch |